Besser atmen mit der Kraft der Bienen

Haslauer’s Bio Bienenhof befindet sich in Sankt Ulrich bei Steyr. Der Inhaber, Mag. Christoph Haslauer, fühlt sich der wesensgemäßen Bienenhaltung verpflichtet und führt seinen Betrieb im Einklang mit Biene und Natur. So verbringt der Imker neben seiner unternehmensberatenden Tätigkeit jede freie Minute bei seinen Bienenvölkern. Ergänzend zur Erzeugung von Bienenprodukten gilt Christophs Spezialgebiet der Bienenstockluft und ihrer förderlichen Wirkung für uns Menschen. Das Einatmen der Bienenluft gehört zur Apitherapie, das Lateinische Apis steht für die Honigbiene. Apitherapie ist der Einsatz unterschiedlicher Bienenprodukte zu unserer Gesunderhaltung, sie zählt zu den ganzheitlichen Naturheilverfahren. Ich habe mich mit Christoph Haslauer eingehender über das spannende Thema der Bienenstocklufttherapie unterhalten.

Christoph, wie bist du zu deiner Tätigkeit als Imker gekommen?

Ich war vor einigen Jahren bei einer Weinverkostung im Burgenland zu Gast. Dort sah ich eine Top-Bar-Hive (Anm. Bienenwiege, eine in Afrika sehr weit verbreitete Form der Bienenhaltung), die mich sehr inspirierte. Daraus ergab sich ein tiefgreifendes Gespräch mit dem Winzer Georg Schmelzer aus Gols. Ich wollte meinen Bauernhof mit meinen Obstbäumen mit den Bienenstöcken bereichern. Im ersten Schritt habe ich mir zwei Bienenvölker angeschafft. Diese Anschaffung ergänzte ich um die Ausbildung zum Facharbeiter der Bienenwirtschaft bei der Imkerfamilie Christine und Gerhard Russmann in Molln. Dadurch genoss ich eine profunde Ausbildung gepaart mit einzigartigem Erfahrungswissen. Mein heutiger Erfolg ist vor allem Monika und Bernhard Moser zu verdanken, die mir in unzähligen Stunden mit Rat und Tat zur Seite standen und mit mir bis zum heutigen Tag unermüdlich zusammenarbeiten.

Heute besitze ich 160 Bienenvölker. Mein Ziel ist es, das Ennstal mit meinen Völkern zu besiedeln. Meine Bienenstöcke stehen beispielsweise in St. Ulrich, Garsten, Mühlbach, am Herndleck in Ternberg, in Aschach an der Steyr und am Buchauer Sattel.

Wie lange gibt es die Atemwegs-Therapie mit der Bienenstockluft bereits?

Vor 100 Jahren wurde diese Therapieform von einem russischen Imker erstmals entdeckt. Das Arbeiten mit Bienenstockluft für gesundheitliche Zwecke ist eine junge Disziplin, sie wurde im Jahr 2018 medizinisch zugelassen. Die Idee, die Bienenstockluft für die Gesundheit meiner Mitmenschen anzubieten, ist sehr lange in mir gereift. Auf einer internationalen Fachimkertagung lernte ich Jürgen Schmiedgen von beecura® System, den Weiterentwickler der mittlerweile medizinisch zugelassenen Inhalationsgeräte, kennen. Diese Begegnung, erweitert um Besuche von Kurhäusern und kontinuierlich fachlichem Austausch mit Ärzten führten letztendlich zu meinem Entschluss, eine Einrichtung für Atemwegs-Therapie auf hohem Niveau aufzubauen und anzubieten. Insbesondere der Initiative von Dr. med. Josef Hutter vom Vitalogikum ist es zu verdanken, dass ich über dieses besondere Therapiekonzept verfüge. Er unterstützt diese Gesundheitsinitiative zu 100 Prozent.

Ich verfüge ausschließlich über Gerätschaften, die medizinisch zugelassen sind. Die Bienenstockluft muss gewisse Qualitätskriterien nachweisen, die auch auf einem Institut an der Universität Dresden mittels Proben untersucht werden. Überdies arbeite ich mit einigen Steyr-Ärzten zusammen, die meine Initiative unterstützen. Meine Kombination, Atemwegs-Therapie mit medizinischer Ausstattung und ärztlicher Zusammenarbeit, ist österreichweit ein Novum.

Die Bienenstöcke besitzen eine konstante Temperatur. Wie können die Bienen dieses Innenraumklima aufrechterhalten?

Im Bienenstock herrscht eine Temperatur von etwa 35°C. Wenn die Bienen den Blütenpollen und Nektar eintragen, ist das Gut sehr nass. Aus 300kg eingefahrenen Nektar entsteht letzten Endes 100kg Honig. Mit Hilfe der Flügelschläge respektive der Muskelkontraktionen sorgt die Biene für die richtige Ventilation und Wärme, um diese hohe Luftfeuchtigkeit von 70% bis 75% nach außen zu tragen.

Die Bienenstockluft funktioniert ausschließlich dann, wenn die Bienen ausfliegen und die Tracht einholen. Wenn wir sommerliche Temperaturen haben, müssen die Bienen die Raumluft in den Stöcken kühlen. Sie benötigen vermehrt Wasser – bis zu 10 Liter – an solchen Tagen. Diese erhöhte Luftfeuchtigkeit muss auch wieder aus dem Stock transportiert werden. Die Bienen sind folglich mit der Luftventilation ununterbrochen beschäftigt.

Diese angereicherte Luft wird dann für die Apitherapie verwendet.

Genau. Diese warmfeuchte Luft, die bei der Verdunstung im oberen Bereich des Bienenstockes mit der Tracht entsteht, wird mit Hilfe unserer Atmung mit medizinischen Spezialgeräten aus dem Bienenstock abgehoben. Durch das sanfte Wegatmen wird den Bienen ein Teil ihrer Ventilationsarbeit abgenommen. Sie müssten sonst mit der Flügelmuskulatur diese feuchte Luft nach unten aus dem Bienenstock durch das Flugloch drücken, was einen hohen Energieaufwand erfordert. Ein stressreduziertes Leben meiner Bienenvölker ist mir sehr wichtig. Dies wird durch das kontrollierte Abatmen der Bienenstockluft aus dem Bienenstock unterstützt.

Ich verfüge über ein striktes Konzept, wie eine Sitzung bei mir abläuft. Ein Bienenvolk wird während der Apitherapie-Sitzung maximal 15 Minuten eingesetzt. Gesamt werden zwei Bienenvölker benötigt, da eine Sitzung 30 Minuten umfasst. Danach hat das Bienenvolk eine Mindestruhezeit von 45 Minuten.

Wie sieht der Therapieplatz aus?

Im Therapieraum ist auf den gut isolierten Bienenstöcken eine Abzugshaube angebracht. Zwischen dem Therapieraum und den Bienen gibt es keinen Kontakt. Ein beheizter Verbindungsschlauch zur Inhalationsmaske sorgt dafür, dass die Bienenstockluft in bester Qualität die Person erreicht, die auf einem Sessel sitzend die Bienenstockluft einatmet.

Welche Voraussetzungen müssen die Therapievölker erfüllen, damit ihre Bienenluft genutzt werden kann?

Für mich ist die Lebenskraft der Bienenkönigin das A und O. Aus ihr entstehen sehr starke und vitale Bienenvölker. Zudem ist die Bienenvolkstärke ganz entscheidend, damit wir mit diesen arbeiten können. Dies sind meine Entscheidungskriterien.

Aus welchen Elementen setzt sich die Bienenstockluft zusammen?

Das Mikroklima im Bienenstock ist von höchster Güte. Es sind flüchtige, wasserdampfflüchtige Wirkstoffe und/oder Aerosole aus Bienenstockbestandteilen enthalten. So werden ätherische Öle, Flavonoide aus Honig, Pollen, Wachs und Propolis an die Bienenstockluft abgegeben. Die Universität Dresden, die sich intensiv mit dem Thema befasst, hat 50 wertvolle Inhaltsstoffe ausgemacht.

Für welche Mitmenschen ist die Bienenluftbehandlung besonders geeignet und wie läuft eine Sitzung ab?

Die Bienenstockluft kann medizinisch bei Kopfschmerzen, Migräne, bei Infektanfälligkeit, COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung), Nasennebenhöhlenentzündungen, Depressionen, Schlafstörungen, Allergien (wie Pollen, Hausstaub), Heuschnupfen uvm. zur Anwendung kommen.

Meine Therapiestation ist von April bis September aktiv. Damit ich sie aktivieren kann, braucht es eine Außenmindesttemperatur von 15 °C. Nur dann fliegen die Bienen aus.

Ich verfüge über vier Therapieplätze. Eine Sitzung umfasst 30 Minuten. Die Anzahl der benötigten Sitzungen ist individuell. Bei Heuschnupfen oder Pollenallergie braucht es durchschnittlich sechs Einheiten. Ideal ist es, an drei aufeinanderfolgenden Tagen je zwei Einheiten zu 30 Minuten durchzuführen.

Bei Asthma oder Bronchitis braucht es etwa zwei bis drei Einheiten pro Woche, dies über fünf bis sechs Wochen. Schlafapnoe, Neurodermitis bedarf etwa 20 Termine. Dies sind Richtwerte, die je nach Anliegen variieren können.

Wie geht es dem Bienenvolk damit, wenn ihnen die Luft entnommen wird?

Aufgrund der neuesten medizinischen Ausstattung kann ich eine uneingeschränkte und stressfreie Lebensweise meiner Bienenvölker gewährleisten.

In der gesamten Ausstattung von den Bienenstöcken bis zur Inhalationsmaske steckt sehr viel Know-how. Dass eingesetzte Gerät arbeitet ohne Verwirbelungen und ist bienengerecht. Auch entstehen keine Vibrationen bei den Bienen und sie können ungestört ihre Arbeit verrichten. Die Bienenstöcke sind dreifach abgesichert: durch den speziellen Deckel, wo ein Gitter integriert ist, kommt keine Biene durch. Es gibt keine Berührungspunkte zwischen Anwender und Bienenstock. Die ausgeatmete Luft wird über ein Ventil in den Therapieraum abgeatmet, geht also nicht zu den Bienen zurück.

Zu welcher Zeit können Mitmenschen bei dir von der Bienenstockluft Gebrauch machen und welche Voraussetzungen braucht es dafür?

Es braucht die Diagnose eines Arztes, um die Apitherapie in Anspruch zu nehmen. 30% der Mitmenschen, die meine Apitherapie-Station aufsuchen, sind Long-Covid Patienten, 50% sind Allergiker oder haben Schnupfen, der Rest leidet an COPD oder an einer chronische Nasen-Mandel-Entzündung.

Viele meiner AnwenderInnen erzählen mir, dass sie sich während der Einheit innerlich freier und tiefenentspannt fühlen. Die Anwendung läuft sehr ruhig ab, manche schlafen währenddessen sogar ein. Die eingeatmete Bienenstockluft wird unterschiedlich wahrgenommen, von sehr subtil bis hin zu leicht süßlich oder nach Honig riechend, das ist sehr individuell.

Hast du zum Schluss eine Botschaft, die du den LeserInnen mitgeben möchtest?

Ich bin der Meinung, dass aktuell ein Umdenken hin zur mehr Regionalität einerseits und zur Ergänzung der Schulmedizin andererseits wichtiger denn je ist. Der Blick muss wieder auf die Natur und unsere Verbundenheit mit ihr gerichtet werden. Auch mir hat dieser Schritt hin zu den Bienen geholfen, mich wieder auf meine Wurzeln zu besinnen.

Lieber Christoph, ich danke dir sehr herzlich für unser Gespräch.

Beitrag: MICHAELA-LECHNER.AT/ Redakteurin Mag.(FH) Michaela Lechner MA MBA